Der Naßfeldpass hat es in sich. Als wir den zum ersten mal gefahren sind, wäre das beinahe ganz böse ausgegangen. Auf der Tour M105 (18.07.-22.07.2009) passierte es auf der Hinfahrt:
… Volker fuhr, da endlich schöne, trockene Kurven waren, recht flott und leider war sein ABS wieder nicht an (Problem seiner R1100GS). Und plötzlich– nach einem Überholmanöver musste er vor der Kurve stark bremsen, seine Hinterbremse blockierte, die BMW schaukelte sich auf, brach aus, er konnte sie leider nicht mehr stabilisieren und es hat ihn aufgestellt. Das ist ganz furchtbar anzuschauen: 1. weiß man, was kommt und 2. kann man nichts machen, nur zuschauen. Ich habe mich schon als Witwe gesehen. Gut dass in der Kurve eine Parkmöglichkeit war, er stürzte nicht auf Teer, sondern auf losem Untergrund, es ging nicht nach unten, die Leitplanke kam erst ein Stück weiter, und ein kleiner Absatz hat das fliegende Motorrad und ihn vorher gebremst. Das Auto blieb stehen, ich blieb stehen und habe es nicht geschafft, die BMW abzustellen, vor lauter Zittern und Panik, ich wollte sofort zu ihm hin. Ich sah, dass er aufstehen konnte, schaffte es nach mehreren ewigen Sekunden, mein Motorrad noch einen Meter zu fahren und dann abzustellen. Konnte dann endlich zu ihm hin, und habe die BMW mit aufgehoben, das überholte Auto hatte auch angehalten, die Frau darin war sogar Ärztin und wollte gleich helfen – aber gottseidank brauchte er sie nicht. Denn außer einem geprellten Knöchel ist nichts passiert! Die BMW war zwar schwer bepackt und gerade vollgetankt, aber sie stand wieder. Der Koffer hing herunter, die Kofferhalterung war hin und der ohnehin provisorisch befestigte Blinker hing auch, und der Zylinder hatte einen neuen Kratzer, aber wir fanden die Einzelteile des Befestigungsmechanismus und vorläufig hielt der Koffer auch so, Volker hat ihn noch festgebunden – fertig. Da war eine ganze Kompanie Schutzengel beschäftigt gewesen oder der eine war besonders fleißig. Langsam beruhigten wir uns. Ich war zwar nicht gestürzt, aber ich war viel aufgeregter. Nach kurzer Schreckpause legten wir die letzten Kilometer zum Passo Pramollo und dem Albergo al Gallo Forcello zurück …
Damals hielten wir auf der Rückfahrt an einer schönen Kapelle im Gailtal, zwischen Hermagor und Kötschach gelegen, an und ließen das Geschehene sowie die Touren nochmal durch den Kopf gehen. Wir waren so dankbar, dass einfach nichts passiert war. Wir beschlossen, die BMW R1100GS zu verkaufen, da dies schon ein Manko des Modells war, alle Versuche mit neuen Batterien brachten nichts. Die Kapelle nannten wir seit damals unsere „ABS“ Kapelle.
Jahre später (M182, 25.-28.05.2017) fuhren wir wieder auf den Pass (als Zielort, passiert haben wir ihn schon öfter), und wieder gab es ein Problem mit dem ABS an Volkers Motorrad, diesmal der BMW R1150GS. Trotz neuer Batterie hatte auch dieses gelegentliche Aussetzer, auf dieser Tour war die ganze Bremsanlage irgendwie betroffen. Es ist weiter nichts passiert, aber wenn man Strecken fürs Motorrad mit möglichst wenigen Kurven planen muss und sich ständig nur vorsichtig zu bremsen traut, dann kommt der Fahrspaß zu kurz. Wir beschlossen jetzt, Volkers BMW R1150Gs zu verkaufen und durch eine 1200er zu ersetzen. Eine Woche vor unserer Frankreichtour haben wir endlich eine gefunden und gleichzeitig die alte – natürlich unter Angabe der Fehler (ABS, rutschende Kupplung) verkauft. Für den Käufer war das in Ordnung, er wollte das reparieren lassen, wir hoffen, er hat allzeit gute Fahrt und Freude am Motorrad.
Jedenfalls sind wir nach dieser Fahrt auch wieder an der Kapelle stehen geblieben, fast genauso froh wie nach dem Sturz.